Wohnen im Denkmal – herausfordernd für die Wohnungswirtschaft
Anlässlich der Denkmalreise von Ministerin Nicole Razavi nach Mannheim erklärte Dr. Iris Beuerle: „Die Wohnungswirtschaft Baden-Württemberg pflegt ihre Wohnungsbestände – auch im Denkmal. Teils sind diese so alt wie die Wohnungsunternehmen selbst – das älteste Unternehmen im vbw wurde 1856 gegründet“. Rund die Hälfte aller Baudenkmäler sind Wohngebäude. In Baden-Württemberg sind laut der Stiftung BauKulturerbe ca. 50.000 Gebäude denkmalgeschützt.
Die Direktorin des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen freut sich über das Interesse der Ministerin an denkmalgeschützten Wohngebäuden. „Der Erhalt historischer Gebäude ist ein wichtiger und wertvoller Beitrag zur Bewahrung von Stadtgeschichte und Baukultur. Für Wohnungsunternehmen bedeutet Denkmalschutz jedoch häufig auch erhebliche wirtschaftliche und organisatorische Herausforderungen. Durch die Denkmalreise können wir darauf aufmerksam machen und gemeinsam daran arbeiten, dass die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.“
Bis zu 50 % denkmalgeschützte Wohnungen im Bestand
Die rund 300 Mitgliedsunternehmen im vbw handeln gemeinwohlorientiert und bieten bezahlbare Wohnungen, deren Miete in der Regel unter dem örtlichen Mietspiegel liegt, im Durchschnitt bei 7,66 Euro pro Quadratmeter. Von den rund 450.000 bewirtschafteten Wohnungen der vbw-Mitgliedsunternehmen unterliegen rund 3 bis 4 % dem Denkmalschutz, bei einzelnen Unternehmen sind es jedoch bis zu 50 %. Besonders viele denkmalgeschützte Bestände finden sich in Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg, Ulm, Mannheim, Baden-Baden, Schwäbisch Hall, Esslingen, Tübingen und Rastatt.
Zielkonflikt zwischen Denkmalschutz, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz
„Der Erhalt der Gebäude ist aufwendig. Denkmalgerechte Sanierungen erfordern den Einsatz spezieller Materialien und Handwerkstechniken. Planung und Genehmigung können sehr zeitintensiv sein. Die Kosten liegen oft deutlich über dem Niveau einer normalen Modernisierung“, erklärte Beuerle. „Unsere Mitgliedsunternehmen wollen bezahlbaren Wohnraum anbieten, geraten aber durch die Auflagen des Denkmalschutzes oft in einen Zielkonflikt zwischen Denkmalschutz, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz“, so Beuerle. Gleichzeitig sind die Gestaltungsspielräume stark eingeschränkt: energetische Maßnahmen wie moderne Wärmedämmung oder der Einbau energieeffizienter Fenster können häufig nicht umgesetzt werden, wünschenswerte Umbauten und moderne Materialien sind oft nicht genehmigungsfähig.
Mehr Standardisierung und pragmatische Kompromisse notwendig
In den vergangenen Jahren wurden bereits Verbesserungen in Bezug auf denkmalgeschützte Gebäude erreicht: So gibt es etwa Änderungen im Steuerrecht zur Unternehmensentlastung und einen neuen Vorrangparagrafen für Klimaschutz. Darüber hinaus sollen laut der LBO-Novelle klare Zuständigkeiten geschaffen werden und mehr Fachpersonal sowie die Digitalisierung der Bauämter versprechen kürzere Bearbeitungszeiten.
Diese Fortschritte sind sehr zu begrüßen, sie lösen die bestehenden Zielkonflikte jedoch noch nicht vollständig. Weitere Anpassungen und praxistaugliche Lösungen sind notwendig, um die Herausforderungen für die Wohnungsunternehmen langfristig abzumildern. Der vbw setzt sich z.B. für eine Standardisierung und Dokumentation der Genehmigungsverfahren und Denkmalschutz-Kriterien ein, die Einführung von Unverhältnismäßigkeitsgrenzen sowie die Schaffung von Rahmenvereinbarungen und Quartierslösungen für beschleunigte Denkmalpflegemaßnahmen und kosteneffiziente Sanierungen.
„Wir brauchen pragmatische Kompromisse, um einen Ausgleich zwischen Denkmalschutz, Energieeffizienz und Mieterschutz zu erreichen. Wir sind überzeugt: Mit einer engen Zusammenarbeit zwischen Denkmalschutzbehörden, Politik und Wohnungswirtschaft können wir dauerhaft sowohl die historische Bausubstanz als auch die Bezahlbarkeit der Wohnungen erhalten – wie hier in Mannheim-Käfertal“, betonte Beuerle.
Wie ansprechend und schön es sich in denkmalgeschützten Wohngebäuden leben lässt, konnte Ministerin Nicole Razavi anlässlich Ihrer Denkmalreise in Mannheim sehen. In der Reihersiedlung im Käfertal erhält und pflegt die GBG Wohnen GmbH Mannheim ein Gebäudeensemble aus dem Jahr 1920 – die erste städtische Siedlung Mannheims nach dem ersten Weltkrieg. Bis heute bieten die denkmalpflegerisch erhaltenen Wohngebäude Wohnraum zu bezahlbaren Konditionen.